Sexismus-Skandal bei Activision Blizzard

Ein weiterer Sexismus Skandal erschüttert die Spielebranche. Nachdem andere Giganten wie Ubisoft oder Riot Games in die Kritik gerieten, ist nun auch Activision Blizzard an der Reihe. Blizzard hat in den vergangenen Jahren schon eine Menge Sympathiepunkte verloren. Da war zum Beispiel der «Do you not have phones?» Skandal um Diablo Immortal, Warcraft 3: Reforged (besser bekannt als Warcraft 3: Refunded), die Bestrafung des Hong Konger Hearthstone Profis Blitzchung für sein live Statement zur Demokratiebewegung, einige verpatzte WoW-Expansions oder auch der Fakt, dass es immer noch kein Erscheinungsdatum für Overwatch 2 gibt. All das ist aber nichts im Vergleich zu dem, was angeblich schon seit Jahren hinter den Kulissen von Activision Blizzard passieren soll. 


Was ist passiert?

Das California Department of Fair Employment and Housing (DFEH) hat nach einer zweijährigen Untersuchung eine Anklageschrift veröffentlicht. Wer sich die 29 Seiten der Anklage selber ansehen möchte, kann das hier tun. 

In den Büros von Activision Blizzard soll eine sogenannte «Frat Boy Culture» herschen. Männliche Mitarbeiter würden betrunken zur Arbeit erscheinen und ihre Arbeiten an ihre weiblichen Arbeitskollegen übergeben, um am Arbeitsplatz Videospiele spielen zu können. Es würden «Cube Crawls» durchgeführt werden, bei denen sich die Männer stark betrinken und danach Frauen sexuell belästigen. Es sollen Witze über Vergewaltigungen gerissen, blöde Kommentare über die Körper von Mitarbeiterinnen gemacht und auch gegrabscht worden sein. Der traurige Höhepunkt ereignete sich während einer Geschäftsreise. Eine Mitarbeiterin beging Selbstmord. Laut der Anklage sollen auf einer firmeninternen Weihnachtsfeier Nacktbilder von ihr herumgereicht worden sein. 

Mehrfach haben sich Mitarbeiter*innen über das schlechte Arbeitsklima beschwert, jedoch stiessen ihre Klagen auf taube Ohren bei der Geschäftsleitung. In manchen Fällen soll es sogar zur Ermutigung zur sexuellen Belästigung durch Vorgesetzte gekommen sein. Sich wehrende Mitarbeiter*innen hatten mit weiteren Konsequenzen zu kämpfen. Promotionen und Gehaltserhöhungen wurden verwehrt, teilweise wurden Mitarbeiter*innen entlassen oder zur Arbeit an weniger attraktiven Projekten gezwungen. 

Arbeiterinnen wurde schon von Anfang an weniger Lohn gezahlt. Um die Niedriglöhne zu rechtfertigen versprach Activision Blizzard den Arbeiterinnen Promotionen mit einem höheren Gehalt, jedoch wurden diese Versprechen selten bis gar nicht eingehalten. Auch bei anderen HR Angelegenheiten wurden Frauen diskriminiert. 


Reaktionen auf die Anklage

Fans sind frustriert und verärgert über diese Neuigkeiten. Der Ärger ist so gross, dass viele ihre Blizzard Spiele deinstallierten und ihre WoW-Abos kündigten. Spieler, welche ihre WoW-Abos nicht kündigen konnten, trafen sich zu Protesten im Spiel. Über die sozialen Medien meldeten sich Betroffene und erzählten von ihren schrecklichen Erlebnissen bei Activision Blizzard. Noch mehr Content Creator wendeten sich von Blizzards Spielen ab, zumindest jene, welche es sich leisten können. Berufsstreamer zum Beispiel, welche ihre Streams und Community um ein bestimmtes Spiel aufgebaut haben, können nicht einfach so auf ein anderes Spiel wechseln, ohne sich selbst in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. 

Die Wirtschaft reagiert ebenfalls. Nachdem die Anklage veröffentlicht wurde brach der Wert der Activision Blizzard Aktien um fast 9% ein. Beim Boykott der Spiele machen nicht nur Spieler mit. Der schweizer Händler Brack.ch hat alle Activision Blizzard Produkte aus dem Sortiment genommen. Die Mitteilung von Brack.ch dazu könnt ihr hier finden. Am Mittwoch wurde bekannt, dass T-Mobile ihr Sponsoring für die Profiligen in Overwatch und Call of Duty kurzfristig beendet hat. 

Und wie reagiert der Beschuldigte? Activision Blizzard weist alle Vorwürfe zurück und behauptet, dass «die beschriebenen Arbeitsverhältnisse nicht dem heutigen Arbeitsklima von Blizzard entsprechen.» Man würde die Situation ernst nehmen und würde sich für Mitarbeiter*innen, welche von sexueller Belästigung betroffen wären, einsetzen. Activision Blizzard wirft dem DEFH sogar vor «verzerrte» und «falsche»  Fälle aus Blizzards Vergangenheit aufzugreifen und sich unprofessionel zu verhalten. Ein weiteres Zitat von Activision Blizzard: «Es ist diese Art von unverantwortlichem Verhalten seitens nicht rechenschaftspflichtiger Staatsbürokraten, die viele der besten Unternehmen des Staates aus Kalifornien vertreiben.» Dies sehen Mitarbeiter*innen anders. In einem offenen Brief an die Geschäftsleitung verurteilen sie die Reaktion des Unternehmens auf die Anklage. Mehr als 2000 Mitarbeiter*innen haben den offenen Brief unterzeichnet. Mitlerweile hat sich CEO Bobby Kotick für die «unsensible» Reaktion entschuldigt und einige Schritte zur Verbesserung der Situation angekündigt. Man will mit Mitarbeiter*innen zusammensitzen und Referenzen an ehemalige Mitarbeiter*innen, welche sich sexistisch verhalten haben, aus den jeweiligen Spielen entfernen. Dies geht den Mitarbeiter*innen nicht weit genug. Sie verlangen unter anderem mehr Transparenz bei den Löhnen und weitergehende Massnahmen gegen sexuelle Belästigung und Diskriminierung.

Mittlerweile haben Blizzard Präsident J. Allen Brack und auch der HR Chef das Unternehmen verlassen. Weitere Rücktritte werden von Mitarbeiter*innen gefordert, so auch jener von Fran Townsend. Sie ist die ehemalige Homeland Security Beraterin von Präsident George W. Bush und nun Executive Vice President bei Activision Blizzard. Sie sandte eine Mail an alle Mitarbeiter*innen, in dem sie die ursprüngliche Reaktion von Activision Blizzard nochmals aufgreift und behauptet, dass es sich hier um eine «grossartige Firma mit guten Werten» handelt. Später hat sie auf Twitter einen Artikel über die Gefahren von Whistleblowern geteilt, was bei der momentanen Situation rund um ihre Person viel Kritik auslöste. Townsend blockte ihre Kritiker darauf, darunter einige Mitarbeiter*innen von Activision Blizzard. Ihre Vergangenheit bei der Regierung, während der sie Foltermethoden verteidigte, verhilft ihr auch nicht zu mehr Sympathiepunkten.


Bist du selbst Opfer von sexueller Gewalt geworden? 
Hier findest du Hilfe: https://www.opferhilfe-schweiz.ch/de/ich-bin-opfer-von/sexuellegewalt/

Die Dargebotene Hand hilft bei psychischen Problemen und Suizidgedanken: https://www.143.ch/