THE WANDERING VILLAGE – DYSTOPISCHER CITYBUILDER AUS ZÜRICH

Die Welt ist ein Schatten ihrer selbst. Durch dicke Schwaden von giftigen Pilzsporen kämpfen sich die letzten Überreste einer Zivilisation. Von mächtigen Städten und Siedlungen sind nur noch Ruinen geblieben. Nahrung ist ein rares Gut, jeder Tag ist ein Kampf für jene, die übriggeblieben sind. Die einzige Hoffnung besteht in Onbu, einer sechsbeinigen, antiken Kreatur, welche gemächlich durch die nun feindseelige Welt schlendert.

Seit dem 14. September hat «The Wandering Village», nach drei Jahren Entwicklung und einer überaus erfolgreichen Kickstarter-Kampagne, endlich den Early Access des Steam-Katalogerreicht. Heisst, dass endlich all jene PC-Spieler*innen auf ihre Kosten kommen, die darauf gewartet haben, ihre eigene kleine Dino-Stadt zu bauen.

Wer komplett blind in «The Wandering Village» eintauchen will hört hier bitte auf zu lesen, und stürzt sich am besten direkt ins Spiel. Für alle anderen folgt hier eine Spoilerwarnung und eine kurze Zusammenfassung unserer ersten Erfahrungen als Städtebauer auf dem Rücken Onbus:

Wer mit Citybuildern à la Age of Empires und Cities: Skylines aufgewachsen ist, wird sich bei «The Wandering Village» relativ schnell zurechtfinden. Stray Fawn Studio, die Indie-Developer aus Zürich, haben das Genre nicht komplett neu erfunden, und mussten das auch überhaupt nicht.

Der Gameplayloop scheint auf den ersten Blick vertraut. Wie erwartet geht es in erster Linie darum, Ressourcen zu ernten, Wohnraum zu bieten und darauf zu achten, dass die Anwohner alle glücklich und gesund bleiben. Anders als bei anderen Titeln des Genres ist es hier jedoch mindestens genau so wichtig darauf zu achten, dass die Symbiose zwischen Onbu und dem Volk auf seinem Rücken bestehen bleibt.

Heisst unter anderem auch darauf zu achten, wie hungrig, müde oder vergiftet die sanftmütige Kreatur ist. Lässt man das ausser Acht, oder ist man gar zu gierig beim Ernten der steinernen Onbu-Stacheln, hat dies negative Folgen im Spieleverlauf. Sollte man sich jedoch das Vertrauen Onbus verdient haben, ist man auch in der Lage dem Geschöpf Befehle zu erteilen, um allenfalls Giftwolken auszuweichen oder die Richtung der Reise zu ändern. Somit muss man die Stadt allerdings auch stets an die atmosphärischen Bedingungen der Gebiete anpassen, durch die man getragen wird.

Insgesamt hat man es mit drei verschiedenen Ebenen der Karte zu tun, die es alle im Blick zu behalten gilt:

  • Die Dorf-Ansicht, in welcher man eifrig Infrastruktur gestalten und micro-managen kann.
  • Die Onbu-Ansicht, in welcher man dem Geschöpf Befehle, Futter oder Streicheleinheiten zukommen lassen kann.
  • Die Weltkarten-Ansicht, auf der man abschätzen kann, welche Herausforderungen und Biome auf einen zukommen werden. Auch kann man hier verschiedene Gegenden erkunden lassen und Ressourcen, beziehungsweise weitere Nomaden finden, die man ins Dorf aufnehmen kann.

Gerade weil auch die Anzahl der Bewohner von Anfang an beschränkt ist, und nicht von selbst steigt, ist es unglaublich wichtig, neue Nomaden aufzunehmen und jedem einen sinnvollen Job zuzuweisen. Die Jobzuweisung funktioniert allerdings nicht «direkt», sondern man definiert eine Aufgabe (mit einer gewissen Priorität) und muss dann darauf warten, dass sich Einwohner dieser widmen. Einerseits ist dieses System ziemlich einsteigerfreundlich, andererseits wünscht man sich ab und zu, etwas direktere Kontrolle über die Arbeiter zu haben.

Man sieht also, so bekannt und einleuchtend «The Wandering Village» auf den ersten Blick auch aussehen mag, so komplex wird es wenn man sich erst einmal auf die Reise begibt. Die Anzahl der Gebäude und Forschungsmöglichkeiten sind bis jetzt noch überschaubar. Trotzdem sind alle Spielmechaniken fest ineinander verwoben und in sich stimmig. Man hat es hier nicht mit Action-geladenen Kämpfen zu tun, und doch vermag das post-apokalyptische Städtebauen selbst über Stunden hinweg die Aufmerksamkeit der Spieler*innen an sich zu reissen. Was vermutlich auch nicht zuletzt der überaus charmanten Grafik, einem Mix aus 3D-Modellen und handgezeichneter 2D-Animation, und dem stimmigen Soundtrack geschuldet ist.

Wer also Fan von Dystopien, Dinosauriern oder Städtedesign ist, und sich schon immer mal ein Spiel in der Ader vom Studio Ghibli-Film Nausicaä gewünscht hat, kommt hier vollkommen auf seine Kosten. Wie bereits erwähnt ist «The Wandering Village» ab jetzt auf Steam erhältlich. Für den Launch der XBOX-Version muss man sich als Konsolenspieler noch etwas gedulden.